wir Ja-Sager

Die Strahlen der Sonne fallen flach durch das Laub der Bäume, Blätter rascheln an den Füßen, die noch barfuß in den Schuhen walken. Der Sommer steckt uns in den Knochen, während der Herbst schon die Haut umschmeichelt. Die Nacht haben wir durchgemacht und uns in die wattierten Jacken gedrückt. Wir haben die heiße Zeit mit einem rauschenden Fest beendet. Und kurz vor dem Morgen wollen wir die Hitze in uns noch festhalten.

Judith ist eine hervorragende Festhalterin. Wenn Sie ankündigt zu gehen, dann wird es erst richtig gemütlich, dann glimmen die Zigaretten, dann dürfen die Becher noch ein vorletztes Mal gefüllt werden und bei einigen Dolci gewinnen unsere Gespräche an ungeahntem Tiefgang. Wir reden über Ja-Sager. Niemand umgibt sich gern mit Ja-Sagern, sagen die Diktatoren dieser Welt und hauen Nein-Sagern den Kopf ab. Aber heute Nacht, sind wir eine eingeschworene Gemeinschaft von Ja-Sagern: Wir sagen Ja zu den Dolci dieses Lebens, ohne dass wir Schönwetter-Kapitäne wären. Wir sagen nur auch „Ja“ zu den Stürmen, weil sie uns an Ufer tragen, die wir vorher nicht erwartet haben. Wir vergewissern uns, dass die Welt immer die gleiche ist, und es stets nur auf die Perspektive ankommt, aus der wir auf sie schauen. Es gibt keine Wahrheiten, sondern nur Ansichtskarten. Judith widerspricht, es gebe auch objektive Wahrheiten, glaubt sie und kleidet diese Erkenntnis in die Worte: „Der Weißwein könnte auch kälter sein.“

Ja, so sind unsere Gespräche in diesen Tagen der flacher werdenden Sonne. Jeder hat noch einen Absatz. Wir reden über die große Dürre, während nebenan der Bach plätschert, wir beklagen die große Geldentwertung, während wir volltanken, wir verfluchen den großen Krieg und beklatschen die Offensive der einen Partei. „Laber, Rabarbar, tsching, tschang, ein bisschen besser, tschong“, fügt am Ende noch jemand hinzu.

„Ist der Sommer jetzt vorbei?“, frage ich Judith. „Nein, mein Lieber“, sagt sie, „er schläft nur ein Weilchen.“