Warum Tinder und Co. bei uns nicht funktionieren

Eine Studie des Forschers Germano Vera Cruz, Professor für Psychologie an der Jules Verne-Universität an 1400 Testpersonen besagt, dass Zweidrittel aller Dating- App-Nutzer in festen Beziehungen leben. Dennoch hat sich eine Freundin von uns über eine Dating-App mit dem Mitarbeiter eines großen Konzerns getroffen, der die digitale Verkuppelung von Frau und Mann firmenintern bezuschusst. Ich habe schon viel darüber gehört, was Firmen derzeit so alles anstellen, um Leute für sich zu gewinnen. Bei den einen musst du nur noch vier Tage arbeiten, andere versprechen vegane Küche von 8 Uhr 30 bis 17 Uhr 10. Aber dass der, der dem Betrieb die Treue hält, Rabatt beim Fremdgehen bekommt, ist neu für uns.

Immerhin wirkt nichts so nachhaltig positiv auf die Firmenkultur wie regelmäßiger Geschlechtsverkehr. Forscher der Oregon State University haben kürzlich 159 Paare über mehrere Wochen täglich zwei Fragebögen zu ihrem Sex- und Berufsleben ausfüllen lassen. Ergebnis: Wer Sex hatte, hatte noch tags drauf eine unbeschwerte Einstellung zum Job. Das liege, so sagt Keith Leavitt, Professor in Oregon, an der Ausschüttung von nachhaltig wirkenden Glückshormonen. 

Natürlich habe ich Judith diese Studie unter die Nase gerieben, als ich das letzte Mal beruflich einen Hänger hatte. „Sex bringt soziale, emotionale und physiologische Vorteile mit sich. Man sollte sich die Zeit dafür nehmen“, zitierte ich den Professor Leavitt und hatte dabei ausschließlich meine berufliche Zukunft im Kopf. Aber mein wissenschaftlicher Ansatz verpuffte an Judiths Geschäftigkeit, die noch einen Auftrag bis Mittag fertig machen musste, anschließend das Töchterchen abholen wollte und abends noch den ganzen Rechnungskram vor sich hatte. Puff.

Ich mampfe einen Schokoladenkeks, von dem eine Packung in der zweiten Büro-Schublade von oben liegt. Jeder zehnte Arbeitnehmende leidet unter „unkontrollierten Essverhalten am Arbeitsplatz“, ist das Ergebnis einer Studie der Techniker Krankenkasse. Ich schreibe eine Abhandlung, warum es ein bisschen besser ist, auf Studien zu pfeifen. Abends zu Hause sage ich mit rauer Stimme: „Amore, was liegt an?“ und es läuft wie geschnitten Brot. Ich bin froh, dass ich in meinem Leben keine Dating-App bemühen muss – nicht zuletzt, weil eine Studie aus dem Jahr 2018 besagt, das Dreiviertel aller Nutzer schon mal das Passwort für solcherlei Dienste vergessen hat.