Warten auf den Wums

Judith hat die Woche unseren Hund gepflegt, der nach einer Spritze praktisch krankgeschrieben werden musste, und ich saß in einem Hotelzimmer am Tegernsee, als der große Wums kam. Also die Kanzlerin hat ihn beschrieben und der Vizekanzler hat ihn so benannt, den Wums. Dahinter steckt das 130 000 000 000 Euro schwere Konjunkturpaket mit weniger Steuern, mehr Geld fürs Kind, billigeren Elektroautos und haste nicht gesehen. Seither warten Judith und ich, dass der Wums zu Hause ankommt. Bis heute hatte es aber nicht mal gerappelt.

Wir haben uns deswegen zusammengesetzt, und die Sache kühl durchkalkuliert. Unser Weinhändler, der übrigens Helmut heißt und seit Corona ein sattes Umsatzplus einfährt, verkauft den Grauburgunder für acht Euro. Bei drei Prozent weniger Mehrwertsteuer würde das 24 Cent sparen. Ich denke aber Helmut wird dafür jetzt nicht extra seine Preisschilder ändern, sondern eher noch ein Gläschen mehr zum Probieren ausschenken. 

Vielleicht, meint Judith und ihre schönen Augen funkeln, sollten wir uns was richtig Teures kaufen, dann lohnt es sich. Ein Elektroauto zum Beispiel, dann kriegen wir auch noch Kaufprämie. Jetzt funkeln auch meine Augen und wir stürzen uns auf die Konfiguratoren. Ganz neu gibt es jetzt so einen Mini mit PlugIn. Das ist eine Art Staffellauftechnik unter der Haube: Wenn dem einen Antrieb der Saft ausgeht, übergibt er den Stab an den anderen. Der Benzinantrieb sei ein bisschen schwach auf der Brust und die Batterie schafft um die 40 Kilometer, lesen wir. Man solle dann eine Pizza essen gehen, weil sie 150 Minuten laden muss. Judith und ich fragen uns – Kaufprämie hin, geringere Steuer her – wie groß die Pizza sein muss und welcher Lieblingsitaliener eine Ladestation vor dem Eingang hat. Wir bleiben dann doch beim alten Citroen, der macht es schon ein paar Jahrzehnte und man muss nicht mal eine Brioche essen, um sich die Zeit beim Tanken zu vertreiben.

„Verjubeln wir halt den Kinderbonus“, schlage ich vor und füge nach einem scharfen Blick hinzu: „Klar, mit den Kindern.“ Da bei uns beiden allerdings krisenbedingt die Jobs in die Knie gegangen sind, und die Hosen der Kinder einige kniebedingte Löcher aufweisen, dürfte es sich eher um Ersatzinvestitionen handeln. „Bei uns wumst es also nicht“, seufzt Judith und hantiert irgendwas an ihrem Kamerastativ.

Ich glaube, ein bisschen besser ist es, die Sache anders zu sehen. Denn der Wums muss ja zweimal kommen. Einmal jetzt, wenn die ganze Kohle ausgezahlt wird, und dann nachher, wenn die ganze Kohle wieder zurückgezahlt werden muss. Bleibt der erste Wums aus, spüren wir den zweiten auch nicht so sehr, denke ich bei mir und fühle mich wie ein Weltökonom.

Wir haben dann die Kinder genommen, den langsam genesenden Hund und den Grauburgunder. Wir sind durch den leise plätschernden Regen gegangen, der gerade die Jahrhundertdürre beendet, und haben uns im tiefsten Innern gefreut, das weit und breit nichts wumste.