über den Dächern von Eguisheim

Als Judith neulich in der Badewanne Wellen im Bauchnabelsee machte und ich ihr dabei zuschaute, fassten wir den Entschluss, es im neuen Jahr ruhiger angehen zu lassen. Wir, die wir beide von uns sagen können, schon auf der Rooftop-Bar in Saigon einen Daiquiri getrunken zu haben, oder ohne Bikini in einen Privatpool in Rio gesprungen zu sein, wollen einen Schritt zurücktreten, und es nicht immer gleich rumsen, sondern vielleicht nur rumpeln lassen. 

Es gibt wichtigeres im Leben, als dauernd die Geschwindigkeit zu erhöhen, rief ich Judith zu, als sie der Wanne wie eine Göttin entstieg und die Wasser an ihr herunterperlten. Statt über den Dächern von Nizza, wäre es ein bisschen besser, über den Dächern von Eguisheim was zu buchen. Eguisheim liegt im beschaulichen Elsass, und da sind wir dann hingefahren.

Wir hatten alles in allem 50 Stunden Zeit, ich wollte von dem guten Pinot Noir probieren und ein paar Flaschen mitnehmen, unser Rillettes de Canard war alle, Strasbourg und Colmar mit Riemenschneider-Altar standen auf dem Programm, ich hatte zwei Bücher mit, wir wollten eine Tour durch diese typischen Weinörtchen machen, den Hotelpool auskosten, ein Silvestermenü aussuchen, das wir so schnell nicht vergessen würden, anschließend tanzen. Und Judith brauchte auch noch einen Cashmere-Schal, weil ich ihren bisherigen bei 60 Grad in der Waschmaschine auf ein Minimum reduziert hatte. Mit einem Wort: Napoleonstrategie. Wir wollten unsere innere Ruhe finden, in dem wir Städte und Reiche eroberten, um uns eine gute Ausgangsposition für den nächsten Angriff zu schaffen. 

Natürlich hat das prima geklappt. Wir hatten zwischendurch sogar noch Zeit, in der wir nichts gemacht haben. Wir nutzten den Sonnenaufgang intensiv zum Liegenbleiben, und haben uns im Mondlicht tief gebräunt. Judith gab Gähnjuchzer von sich, und ich hatte ständig einen im Kaffee. Wir ahnten: Waterloo muss warten. Menschengemachter Klimawandel wird von Menschen aufgehalten. Apokalypse comes later. Die Epidemie ist schon beim Epilog. Wir wussten, wir sind jetzt eins mit dem Universum, und in Bauchnabelseen vereinigen sich die Weltenmeere.