Semmel im Nebel

„Gwarantowane nie oskubane żywcem” ist die Sprache, die die polnische Hafermastgans redete, bevor sie vorgestern in unserem  Ofen landete und es heißt: „Garantiert nicht lebend gerupft”. Judith und ich finden solcherart Behandlung von Gänsen angemessen und den Gänsen geht es damit besser als den meisten Menschen, die nämlich lebend gerupft werden.

Wir reden jetzt nicht vom Finanzamt. Und auch nicht von der deutschen Fußballnationalmannschaft, die das lebend Rupfen nur vermeidet, in dem sie zerstreut und in Etappen vom Ort ihrer Niederlage heimwärts reist. Ich glaube persönlich ja, dass der Streit um die One-Love-Binde unseren Jungs das Auftaktspiel dermaßen vernebelte, dass sie es versemmelt haben. „Du solltest mit den Sprachbildern besser aufpassen”, sagt Judith und meint die Semmel im Nebel. 

Ich wollte gerade ansetzen und sagen, dass so eine Binde auf dem Fußballplatz etwa so angemessen ist wie Kondome am Christbaum, und ich vor den Augen meiner Innenministerin, die am entblößten Arm ihre liebespolitischen Ansichten im Angesicht des Scheichs von Katar trägt, auch kein Tor geschossen hätte, aber ich lasse es – schon, weil ich fußballerisch nicht auf der Höhe bin. Ich bin einer von denen, die früher immer ins Tor gestellt wurden. Und Judith würde wegen solcherlei Ansichten stets ein Hühnchen mit mir rupfen. Allerdings habe ich wirklich eine tiefe Abneigung gegen Armbinden tragende Politiker und stehe dazu.

Die teile ich übrigens mit den Polen, mit denen wir ansonsten ein ernstes Wörtchen reden müssen. Dieses seit Jahrzehnten Gänse liefernde Nachbarvolk hat nämlich die Preise für die Hafermastgans dermaßen erhöht, dass wir vor Weihnachten noch ein Entlastungspaket Nummer vier brauchen, um sie uns leisten zu können. Doch daran denkt natürlich keine Innenministerin, weil die ja mit dem korrekten Anlegen ihrer Binde beschäftigt ist. So hängt alles mit allem zusammen und gerade älter werdende Männer verlieren dann schnell mal die Übersicht und wissen nicht mehr, wo sie ins Getriebe der Geschichte greifen sollen, um eine Wende herbeizuführen. „Es ist ein bisschen besser, Du lässt das mit den Wortbildern heute ganz” stellt Judith fest.

„Jajko chce być mądrzejsze od kury“, entgegne ich, was so viel heißt wie: „Das Ei will klüger sein als die Henne.“ Dann mach ich für heute den Abgang, den polnischen.