poch, poch, poch

Wir sind im Allgemeinen nicht abergläubisch. Als ich aber an diesem Freitag, den zwölften, morgens um acht, in unser Büro marschierte, stürzte etwa zehn Meter vor mir aus dem offenen Fenster im dritten Stock eines alten Wohnhauses an der Lindenstraße, Ecke Wetterstraße ein mittelgroßer, brauner Hund aus dem Fenster, landete auf den Gehwegplatten und war sofort dahin. Die Frage, ob Mord oder Selbstmord schoss mir durch den Kopf, bevor der Gedanke, was es wohl bedeute, wenn einem mitten in der Stadt beinahe ein Hund aufs Haupt fällt, seinen unheilvollen Lauf nahm. 

In den folgenden Stunden verschwand a) noch die eigene Hündin, löste eine Großsuchaktion aus und tauchte völlig unschuldig nach einigen Stunden aus dem begehbaren Kleiderschrank auf; schlossen wir uns b) aus, und ich gelangte nur dank einer akrobatischen Aktion mit einer auf die Gartenbank gestellten Leiter über den Balkon wieder hinein; erwies sich c) der gelieferte Tisch eines Möbelhauses, das auf viel Eigenleistung setzt, als schon vom Transport zerstört. Die Zubereitung des Kalbsschnitzels mit Pfifferlingen habe ich dann Judith überlassen, bevor etwas Schlimmes damit passieren würde.

Seither ist mein abgeklärtes Verhältnis zum Aberglauben gestört, was brandgefährlich ist: Warum ist es Glaube, einen mit Nägeln ans Kreuz Geschlagenen auferstanden und in den Himmel gefahren zu wissen? Aberglaube aber soll es sein, Hexen auf Holzbesenstielen reiten zu sehen. Was macht dieses „Aber“ denn mit dem Glauben? Am Ende verunsichert es einen wie eine Verschwörung die Theorie, und es wird einem schwindelig im Kopf, und man muss sich setzen, und ich sehe Judith, wie ihre langen schwarzen Haare kaum verdecken, dass sie gerade einen Zaubertrank zubereitet. Ich schließe erschöpft die Augen.

Heute ist übrigens der 13. Der Tag plätschert dahin wie ein italienisches Dorfbrünnlein. Damit das so bleibt, glauben wir daran, dass es ein bisschen besser ist, wenn Judith jetzt dreimal auf ihren hölzernen Besenstiel klopft: Poch, poch, poch.