nur kurz

Wir möchten nur kurz etwas erwähnen: Das Leben ist zu lang für „nur kurz“. Täglich sitzen wir in Runden, wirklichen oder virtuellen, da meldet sich dann einer oder eine und beginnt den Beitrag mit „nur kurz“. Oder die Tochter ruft beim familiären Abendbrottisch, wo selten Brote, sondern eher gebratene Fische und Pasta und Hackbraten beliebt sind, ein „nur kurz“ in die Runde und erzählt dann, aus dem Leben ihrer Schnecken, die tapfer seit Monaten bei ihr oben im Kinderzimmer in einer umgebauten Tupperdose ausharren und mit Zuchini gefüttert werden. Die Chefschnecke heißt Otto und steht voll auf Zuchini. Und dieses „nur kurz“ der Tochter ist ein anderes, als das, was wir alle kennen, das immer dann zum Einsatz kommt, wenn alle loswollen und einer „nur kurz“ noch aufs Klo muss.

Nein, dieses „nur kurz“ ist ein Entschuldigendes. Eines, das in der Langfassung heißen müsste: „Ich weiß, Du hast gar keine Zeit, und ich habe vielleicht auch gar keinen schlauen Gedanken. Aber es drängt mich, Dir etwas mitzuteilen, weil ich ein Mensch bin, der davon lebt, dass er sich mit anderen Menschen austauscht, und in mir ruht die Hoffnung, dass Du das ganz vielleicht gerade auch so siehst.“ Und weil das die Langfassung ist, haben Judith und ich beschlossen, dass es ein bisschen besser ist, dieses „nur kurz“ aus dem Leben von uns allen zu streichen.

Bei uns dauert alles lange und dabei rede ich jetzt nicht über die ins Endlose geweiteten Minuten vor dem Schminkspiegel, wenn ich los möchte. Oder dieses „Liebling kannst Du kurz die Lampe aufhängen“, von dem ich weiß, dass ich den Stahlbetondeckenbohrer aus dem Keller holen muss, den Staubsauger bereithalten, den richtigen Dübel finden, den Gips zum Zuschmieren der alten Löcher und die Farbe zum Ausbessern anmischen muss. 

Nein, ich rede davon, wenn wir nur kurz ein Glas noch trinken und darüber der Abend zum Morgen wird, wenn wir nur kurz die Musik spielen und am nächsten Tag ein chaotischer Haufen CD’s vor dem Player liegt. Oder auch, wenn wir uns nur kurz hinlegen und dann einfach liegen bleiben. Wir wissen dann, dass lang niemals weilig ist, und sind uns sicher, dass Schnecken das im übrigen genauso sehen.