Licht und Schatten

Als ich neulich eine Fuge verschmierte und die Paste in die Ritze drückte, musste ich einräumen, dass die Masse nicht genau die Farbe ihrer Umgebung hatte. „Macht nichts, das dunkelt hell nach“, sagte Judith, kurz vorbeischauend, und schon war sie auch wieder weg. Ich war allein mit der hellnachdunkelnden Paste und dachte über das Spiel der Farben nach.

Ich versinke in Gedanken an diese Herbst-Zeitlosen, die im Farbenspiel der Blätter die Erfüllung des Jahres sehen. Und denen das Rascheln des Herbstlaubs in den Ohren schmeichelt wie jenes Becken, das der Schlagzeuger liebevoll Snare Drum nennt, und das er mehr streichelt, als das er es jemals schlagen würde. Die den cremigen Geruch des anfaulenden Laubes loben und schon den Teepott auf dem heißen Ofen simmern hören, wobei es in Wahrheit nur das Vibrieren ihres stummgeschalteten Handys auf dem Küchentisch ist.

Baby, mir ist heute gar nicht danach! Mir graut vor Zwischentönen, ich giere nach schwarz-weiß. Reich mir Cowboystiefel und Whiskey. Lass uns in die klirrende Kälte reiten. Lass uns braunen Tabak in die Ritzen rotzen und Gitarren kreischen. Lass uns Dinge beim Namen nennen: Die Nacht ist rabenschwarz, der Tag ist gleißendweiß. Der Übergang ist eine mit dem Messer gezogene Linie, und wenn Du von der Klinge springst, dann tropft das pochende Blut. Frauen bleiben Frauen und Männer Männer. Und wenn sie sich wild vereinen auf des Messers Schneide, dann glauben sie für einen Planetenaugenblick die Pole zu verbinden. In Wahrheit trägt jeder Ausbruch das Scheitern schon in sich, und wir rütteln bloß am Stacheldrahtzaun unseres begrenzten Lebens.

„Mein Tapferer, wenn alle Heimwerker zu Philosophen werden“, kommt Judith vorbeigeträllert und erklärt weiter, „dann werden weder die Fugen sauber geschlossen, noch wird die Philosophie entscheidend weitergebracht.“ Ich nicke ihr dankbar zu und weiß: Manchmal gehen Männer sich suchen und sind wieder da, bevor sie sich gefunden haben. Es ist dann ein bisschen besser, wenn jemand auf sie wartet.