knisternde Beziehung

Judith und ich betreiben eine feministische Haushaltspolitik. Wir machen das, nicht erst seit Grüne an der Macht sind, sondern schon ewig. Es geht so: Ich bin für den Mülleimer zuständig und Judith für die Wäsche. Weil aber einmal Mülleimer rausbringen, weniger feministisch ist, als einmal Wäsche machen, habe ich zusätzlich das Autoputzen übernommen. Das lasse ich meistens machen, aber dafür lässt Judith auch das Bügeln von einer Reinigungsfirma erledigen. Beim Saugen bin ich weniger feministisch und sauge etwa einmal in der Woche, Judith eher jeden Tag, aber das liegt ausschließlich an ihrer niedrigeren Toleranzschwelle gegenüber Staub, Fusseln und Krümeln. Ich mag die kleinen Kerlchen an sich ganz gerne. 

Ich gebe zu, dass ich auch ein wenig maskulines Gehabe versprühe, wenn ich stöhnend den Staubsauger aus dem Schank befreie, der bei mir nur Rüstungskammer heißt, mir den Pullover in Anbetracht der vor mir liegenden Tätigkeit abstreife und zu den Takten das Radetzky-Marsches auf den Lippen in die Dreckschlacht ziehe.

Johann Josef Wenzel Graf Radetzky von Radetz war übrigens ein legendärer österreichischer General, Stratege der Völkerschlacht von Leipzig, die Napoleons Herrschaft beendete. Er heimste 146 Orden ein, den Höhepunkt seiner Laufbahn feierte er mit fünf Siegen hintereinander in Norditalien, da war er schon über 80 Jahre alt. 1856 schließlich schrieb er an Kaiser Franz Joseph: Euer Majestaet, die Gesetze der Natur zwingen mich nach 72 Dienstjahren und 90 Lebensjahren Euer Majestaet um die Allergnaedigste Enthebung von meinem Dienstposten Allerunterthänigst zu bitten.“ Überliefert ist auch, dass er wegen eigener Freigiebigkeit, zahlreichen Kindern und der Verschwendungssucht seiner Ehefrau zeitlebens in finanziellen Engpässen steckte. Ob er jemals den Mülleimer geleert hat, ist nicht dokumentiert.

Radetzky wäre auch mit Wonne gegen Russland in die Schlacht gezogen und insofern einer, wie ihn sich feministische Außenpolitikerinnen geradezu herbeiwünschen könnten. Es ist einer der unlösbaren Widersprüche des Lebens, dass es zu Durchsetzung feministischer Interessen oft ein bisschen besser ist, wenn Machos vom Schlage Radetzkys das übernehmen, überlege ich, während das Kaminfeuer knistert und Judith die zweite Flasche Wein an diesem Abend öffnet. Für das Kaltstellen der Flaschen ist sie übrigens zuständig, während das Anfeuern des Kamins meine Aufgabe ist. „Ich möchte auch, dass du deine größten Siege mit über 80 Jahren feierst“, flüstert Judith, die ein wenig jünger ist, als ich. Ich verspreche es ihr.