Kapuziner unter sich

Wir haben uns angewöhnt, statt „Frohe Ostern“ stets „Frohe Eier“ zu wünschen, obwohl mein Jüngster sagt: „Papa, über Deine Witze lachen auch nur die, die schon über 50 sind.“ Ich habe mir den Satz hinter die Ohren geschrieben, wo schon viele Sätze stehen, und auch wegen Judith beschlossen, mich ein wenig zu verjüngen: Ich trage jetzt überwiegend Hoodys und enge Jeans mit Löchern drin. Die Löcher sind dezent und beim Hoody habe ich noch nie die Kapuze aufgesetzt, denn sie hindert mich am Rundumblick, bei dem sich manchmal Irritierendes beobachten lässt. Viele verwirrt das dann. Menschen möchten sich ihrer Sache gern völlig sicher sein. Wer das ist, muss entweder alles wissen oder nichts, hat Henry Kissinger gesagt. Oder eine Kapuze aufsetzen, ließe sich aus heutiger Sicht hinzufügen.

An einer Kapuze ist nicht viel Praktisches dran, außer dass man sie immer dabeihat. Bei mir war der Kapuzenmann noch einer, vor dem mich meine Eltern gewarnt haben. Heute bin ich mir sicher, dass er einfach Angst hatte, links und rechts des Weges zu schauen. Es gibt aber in Wahrheit nichts Schöneres als das. Meine alte Lokalzeitung aus dem Dorf Walsrode in der Heide widmet diesem Schauen seit mehr als 50 Jahren eine tägliche Kolumne mit dem Titel: „Allerlei am Weg ich fand“, die es sogar bis ins Internet geschafft hat und bei der es jetzt um das Osterschwimmen im örtlichen See ging. Dort hätte manch tapfere Walsroderin und wackerer Walsroder wahrscheinlich gerne eine Kapuze übergezogen. Stattdessen gab es nur Badehose und Bikini und elf Grad Wassertemperatur. 

Cappuccio ist der Name dieses Kleidungsstücks in Italien. Wenn Judith und ich in unsere italienische Bar gehen, wo schon morgens alte Männer Wein trinken und wir auf Plastikstühlen eng an der Straße sitzen und Mopeds ohne Schalldämpfer vorbeiknattern, sagen wir lässig „due capucci“, und kriegen tatsächlich jeder unseren Cappuccino. Ja, das Leben hat uns weit getrieben, von dem Heidedorf bis in die italienische Bar und Judith hat mich unterwegs am Weg links aufgepflückt und ich sie rechts. Es war ein bisschen besser, dass wir gerade ohne Kapuze unterwegs waren, wir wären sonst aneinander vorübergelaufen. Was das jetzt mit Ostern zu tun hat? Etwa genauso viel wie die Eier, schätze ich.