heute nur ein bisschen Trallafitti

Es gibt zwei Dinge in diesen Tagen, die wir diesem Tagebuch anvertrauen: Erstens lag in unserem Kühlschrank eine quadratische Packung bulgarischer Kuhmilchkäse mit seit anderthalb Monaten überschrittenem Haltbarkeitsdatum. Wir haben ihn dennoch in den Salat gekrümelt, und er schmeckte wunderbar: Es war genau dieser nussige Geschmack, schon fast ins alkoholische gehend, der sich würzig, salzig im Mund entfaltet. Und zweitens hat Abba nach 40 Jahren ein neues Album herausgebracht, und das schöne, aber auch traurige daran ist, dass es genauso klingt wie vor 40 Jahren: cremig, klangig entfaltet es sich im Ohr. „Krass, leben die noch?“ hat mein Jüngster gesagt.

Beides spricht tatsächlich dafür, dass es ein Leben nach dem Tod gibt und dass das möglicherweise würzig, cremig ist. Jedenfalls bei bulgarischem Kuhmilchkäse und bei Abba. Bei uns Normalsterblichen bin ich mir da nicht so sicher. Wir schieben das Thema erfolgreich vor uns her, benutzen hier ein Hilfsmittelchen und dort eine lässige Klamotte. Wir schneiden uns Löcher in die Jeans, obwohl unser Haltbarkeitsdatum für so was längst abgelaufen ist. Wir erklären siebzig ist das neue fünfzig, bis es uns dann doch aus den Socken haut. Der Mann, der im Bademantel am Klavier so wunderbar singen konnte, war sich sicher, mit 66 Jahren, da fängt das Leben an. Wahrscheinlich ist er nach dem Konzert in die Klinik gefahren und war bei der Geburt seiner jüngsten Freundin dabei. So was hält auch jung.

So was ist aber anstrengend. Ich glaube mit zunehmender sittlicher Reife, dass der Sinn des Lebens das Leben ist und ein bisschen Trallafitti drumherum. Es fasst mich deswegen an, wenn abends wieder ein Tag dahinwelkt, und es stimmt mich froh, wenn morgens ein neuer erblüht. Wissenschaftlich untermauert ist die These, dass alt werden die einzige Möglichkeit ist, um lange zu leben. Ein bisschen besser ist es, und das lässt sich empirisch belegen, den Prozess zu zweit anzugehen. Während ich also vor mich hin reife, nimmt Judith vielleicht noch mal eine Platte auf: Mamamia, das wird schön!