Arschbombe

Die Sonne steht noch senkrecht am Himmel, das Wasser funkelt, als würde ein Goldregen hineinfallen, Putten räkeln sich auf glubschäugigen Fischen aus Stein, aus deren Mündern ein Strahl emporspritzt, der in einem algenbesetzten Becken landet. Schiffsmotoren brummeln, über der grasgrünen Liegewiese schwebt ein Gewirr aus Stimmen in unterschiedlichen Sprachen, die Luft ist geruchlos an diesem Tag im späten August, die Sonnencremes sind aufgebraucht, die Blüten längst ausgeblüht, das Essen fest in wiederverwendbaren Plastikboxen verschlossen. Die Erdkugel macht ihre Umdrehungen, und wir sind heute nicht die, die den Motor ölen, sondern die, die sich auf den Logenplätzen räkeln, den Hut tiefer in die Stirn geschoben haben und das Ohr an den Fahrtwind des Lebens halten.

Wir sind die Zuschauer einer rasenden Fahrt und müssen uns in die Lehnen pressen, um nicht aus den Sitzen zu schleudern, wenn auf der Hauptbühne ein Drama gegeben wird, das alle unsere Sinne beansprucht: Menschen fallen aus dem Fahrwerk startender Transportmaschinen. In ihren stählernen Bäuchen kauern Tausende der rettenden Fremde entgegen. In den Mauern und drum herum des zur Festung mutierenden Flughafens entfachen bärtige Männer, um ihr Leben rennende Familien und waffenstarrende, um den Überblick ringende Soldaten, schreiende Jungen und großäugige Mädchen zwischen übelriechenden hastig zusammengeworfenen Schlafstätten ein Inferno, während der oberste Befehlshaber am anderen Ende der Welt mit brüchig 78jähriger Stimme zugleich Rückzug, Angriff und Vergeltung zetert.

Es ist die göttliche Komödie, unsere lichtbeschienene Wiese ist der dunkle Wald des Irrtums, in dem sich Dante einst verlaufen, und die Wirklichkeit lauert heute in Kabul und morgen im Irgendwo. Der Regisseur zwingt auf der Planetenbühne zusammen, was nicht zusammengehört und nennt es Weltentheater, der Beifall ist ihm egal, er macht es, weil er die Macht hat. Judith, es ist ein bisschen besser, wir halten zusammen, und erzeugen unbedingt und sofort noch in dieser Szene kleine Wellen der Fröhlichkeit, die sich wie die konzentrischen Kreise des Wassers ausbreiten, in das ich jetzt mit einer Arschbombe hineinspringe.