erfreuliche Nebenwirkung

Es kommt mal vor. Und bei mir auch. Aber heute morgen ist Judith eindeutig mit dem falschen Bein aufgestanden. Erst war quasi das gesamte Badezimmer abbruchreif, weil die Dusche tropfte. Ich konterte mit dem bekannten vollen Auto-Aschenbecher, der zwangsweise zum Austausch des gesamten Fahrzeugs führt. Es nützte aber nichts. Als nächstes war unser bemitleidenswerter Putzroboter dran, der sein Fett wegbekam, weil er das Fett nicht wegbekommt. Und schließlich erhielt ich noch den Marschbefehl, beim Gang mit der Hündin frische Brötchen mitzubringen, weil das aufbackbare Zeug vom Freitag schon am Mittag ungenießbar sei. Ich trottete los und sprach mit der Hündin über bessere Zeiten.

Ein bisschen besser war es nämlich die Woche über, besonders als wir geimpft wurden. Es war geradezu ein Höhepunkt in Judiths und meinem gegenwärtigen Leben, das – ich will nicht sagen von einer Eintönigkeit -, aber doch von einer gewissen Gleichförmigkeit geprägt ist. Die Menschen gehen vor diesem Hintergrund ja unterschiedlich mit dem Impfen um. Die einen wollen nicht, weil sie nicht ausschließen können, dass ihnen als unerwartete, weil unerforschte Nebenwirkung beispielsweise in drei Jahren ein Schwanz wächst. Die anderen schämen sich, weil sie so früh dran sind und erzählen es keinem. Dabei haben sie auch schon fünf Monate gewartet, was genau der Tragezeit der Hausziege entspricht. Ich habe deswegen ein kurzes „Mäh“ beim Impfarzt von mir gegeben, aber er hat das nicht verstanden, wahrscheinlich weil er kein Veterinär war. Wieder welche sind euphorisiert, eine Spritze zu empfangen. Sie unterzeichnen die notwendigen Papiere mit schwungvoller Schrift, wie eine Siegermacht die Kapitulationsurkunde: Corona, jetzt hast du verloren!

Judith gehört zu dieser letzten Gruppe und war wirklich prächtig drauf wie meistens. Das Fotografieren ging ihr leicht von der Hand, neue Aufträge polterten herein wie Hagel durch eine unverschlossene Dachluke und selbst das Hühnchen grillen, eine meiner ureigenen Kernkompetenzen, übernahm sie schwunghaft und mir blieb währenddessen nichts anderes übrig als müßiges Zeitunglesen, wo ich mich in einem dreiseitigen Artikel über die neue Lustlosigkeit der Deutschen beim Sex bis zum letzten Buchstaben nicht wiedergefunden habe. Das ging so, bis eben heute morgen die Sache mit der tropfenden Dusche passierte. Seitdem freue ich mich sehr auf den zweiten Impftermin. So eine Auffrischung alle drei Monate, sage ich zu unserer Hündin, kann auf jeden Fall nicht schaden.