entscheiden in der K-Frage

Auch Judith und ich diskutieren täglich die K-Frage: „Kannst Du Mathe mit den Kindern machen?“- „Kannst Du einkaufen?“- „Kannst Du die Bude klarmachen?“ Selbstbewusst haben wir am Anfang unserer Beziehung grundsätzlich entschieden, dass wir natürlich beide für alles zuständig sind und beide zu allem in der Lage sind. „Ja, wir können“, lautete damals die gemeinsame Beschlusslage.

Seither ist viel passiert. Im Kochen zum Beispiel kann Judith Spätzle, ich eher Risotto. Spätzle sind geradezu Judiths Kernkompetenz auf diesem Gebiet. Ich habe keine so ausgeprägte Kompetenz. Ich kann Duschköpfe so lange reparieren, bis wirklich der Klempner kommen muss. Ich habe in unserer Beziehung auch schon zwei Gebrauchtwagen erworben, die sich beide nicht durch außerordentliche Zuverlässigkeit auszeichneten. Ein bisschen besser kann ich mich ausdrücken. Ich merke aber, dass meine Wortbilder neben Judiths fotografischen Bildern abfallen wie die Böschungen eines Stausees bei Niedrigwasser.

Schonungslos aufgedeckt kommen wir zu folgendem nüchternen Ergebnis: Im Strudel von erster Liebe, Honeymoon und Schmetterlingen im Bauch, vergisst ein jeder die weitere Vertragsgestaltung. Es ist das schiere Vergnügen, sich vorzustellen, dem anderen diese ganzen schwierigen „K’s“ abnehmen zu dürfen. Ja – wir Männer jedenfalls geben uns doch mit Wonne der Vorstellung hin, die Geliebte an der Seite begleiten und ihr gleichzeitig quasi voraushüpfend wie ein Hobbit alle Hindernisse aus dem Weg räumen zu dürfen. So träumen wir uns ins Himmelreich, bis dann nach drei, sieben oder noch mehr Jahren diese komische K-Frage kommt: „Kannst Du mal das Klo putzen?“

Für solche Fälle gibt es dann drei Möglichkeiten. Erstens: Koalitionsvertrag. Darin wird von vornherein festgehalten, wer Klo putzt und wer Risotto kocht. Zugegeben so ein Vertrag ist ein Liebestöter, der gerade in den ersten Tagen zarter Annährung nicht zur aufgewühlten Gefühlslage passt. Zweitens: Wir vertrauen auf eine höhere Macht, die sich uns mitteilt, wie etwa das Fischorakel von Apollon an der Küste Lykiens. Dort befindet sich ein Strudelbecken. Der Orakelsuchende bringt zwei hölzerne Spieße mit jeweils zehn Stück gebratenen Fleisches und wirft sie in das Becken. Dann füllt sich das Becken mit Salzwasser und ein Sortiment von Fischen der verschiedensten Arten strömt rein. Der Prophet zählt Zahl und Art der am Fleisch nagenden Fische und schwuppdiewupp hat er eine Antwort. Judith, die nicht so auf Schaschlik steht, verwirft diese Vorgehensweise. Bleibt der fortwährende Einigungsversuch. Es ist die anstrengendste Methode, die den Samen des Scheiterns schon in sich trägt. Um so wunderbarer ist es, wenn sie gelingt.