Blitzableiter

Ich las jüngst einen wirtschaftlichen Beitrag über Fluggesellschaften: Den einen geht es furchtbar schlecht, weil die Geschäftsreisenden noch nicht wieder ihre Flieger bestiegen haben, weswegen ich ihnen mit meinem Steuergeld aus der Patsche helfe. Den anderen geht es besser, weil die Touristen schon wieder los sind. Wir gehören diesen Sommer zu den Touristen und wissen nun, womit die zweite Hälfte ihr Geld verdient: Bei Ryanair zum Beispiel, deren Aktien gerade schneller steigen als deren Flugzeuge, haben wir alles digital erledigt, was etwa vier Stunden gedauert hat, um dann zu erfahren, dass eine Beförderung nur mit Boardingpass ausgedruckt auf Papier möglich ist. Sonst kostet es extra. Haben Sie schon mal versucht, im Ferienhaus einen Drucker zu finden? Selbst im Kamin war keiner.

Judith war übrigens während des ganzen Buchungs-Prozesses sehr sanftmütig, während mich solche Vorgänge einfachen aufregen. Beide Verhaltensweisen führen natürlich nicht zum Ziel, allerdings kostet die eine weniger Kraft als die andere. „Lieber Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Obwohl ich mir das Mantra täglich vormurmele, wenn ich wage, Judith vor dem ersten Kaffee anzusprechen, spüre ich mehr Mut in mir als Gelassenheit oder gar Weisheit. Das ist sehr männlich und hat in der Geschichte zu zahlreichen Autounfällen, dem ersten und zweiten Weltkrieg sowie zur Varus-Schlacht geführt. Die Gelassenheit einer Frau führt dagegen hierzulande zu der historisch bisher nicht dagewesenen Konstellation, dass unsere Kanzlerin einfach so abtritt, obwohl sie fast jeder wiederwählen würde, zumal sie altersmäßig Joe Bidens Tochter sein könnte. Sicher hat sie diese Entscheidung auch erst nach dem ersten Kaffee gefällt. Sie soll vorher auch nicht so gut drauf sein.

Ein bisschen besser als Mut oder Gelassenheit ist es allerdings, seine Kräfte umzuleiten. Beispielsweise in Beiträge wie diesen. Ich lege damit offen, dass das geschriebene Wort ein Blitzableiter sein kann für die, denen der erste Kaffee überkocht, oder eben für die, die sich im digital-analogen Nirwana einer Billigairline verheddert haben. Da hat, sagt Judith, die Sanftmütige, Ryanair doch ihr Gutes.