auf einen Sprung

Eine der entscheidenden Menschheitsfragen ist, ob sie sich linear oder sprunghaft bewegt. Je nach Antwort kommt einem die Zukunft berechenbar vor oder eben nicht. Falls das zu abstrakt klingt, mache ich es gern anschaulich: Judith zum Beispiel macht eine ausführliche Morgentoilette mit Fingernägelfeilen und Zahnseide, linear gedacht hieße das, dass sie im Laufe des Tages zu einem perfekten Ergebnis kommt. Stattdessen aber gibt es meist nach etwa 15 Minuten des Feilens und Gurgelns einen Sprung und der Morgen beginnt mit einem Hauch von Unperfektion, der aber zum Gelingen beiträgt. Sie wagt den kontrollierten Sprung, um die Geschäfte des Tages aufzunehmen. 

Kontrollierte Sprünge sind mal hoch, mal weit, unkontrollierte in der Regel tief. Wobei das per se noch nichts darüber aussagt, ob sie Spaß machen oder nicht. Auch Abstürze nämlich können richtig Spaß machen, solange der Aufprall weich ist. Sie werden dann sogar zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Als ein rechter Spring-ins-Feld scheint sich jetzt unser Armin Laschet zu beweisen, der im Hintergrund ein paar Scherze macht, als der Bundespräsident den Opfern der Flutkatastrophe seine Anteilnahme ausdrückt. Dass ausgerechnet die gegnerische Partei des Bundespräsidenten dieses Bild als erstes verbreitet hat, ist natürlich ein gemeiner Schubser, aber wer so unvorsichtig an der Kante entlangmarschiert wie Laschet, der wird gern mal von denen, die es nicht unbedingt gut mit einem meinen, geschubst. Laschet hat dieser Stolperer keinen Spaß gemacht. So viel ist sicher. Er wird lieber keine großen Sprünge mehr machen. 

Für uns anderen, die wir nicht Kanzlerin oder Kanzler werden wollen, ist es ein bisschen besser, sich gelegentliche Hopser nicht zu verkneifen. Tatsächlich ist der Sprung jene Fortbewegungsart, bei der wir zwar den Boden unter den Füßen verlieren, aber genau dadurch entscheidende Meter gutmachen können. „Komm doch auf einen Sprung vorbei“, hatte Judith vor einigen Jahren gesagt. Es war der Anfang einer wunderbaren Geschichte.