anders toll

Gestern sind wir ans Meer gefahren, der Hund, das Baby, die Tochter, der Sohn, der Kinderwagen, der aufblasbare Pfau fürs Wasser, die Luftpumpe, der Windelvorrat, die Hundenäpfe, die Kinderwippe und die Milchfläschchenbatterie, waren auch dabei, auf dem Dach die Kofferbox, die immer klemmt. Das Außenthermometer zeigte muntere 35,5 Grad, wir krümelten mit den geschmierten Brötchen, Judith hatte Majo unter die Mortadella geschmiert. Das Baby bekam bei Tempo 120 sein Fläschchen, dem Hund hing die Zunge aus dem Hals. Ich pries bei mir die Erfindung großer Kombis, und hastdunichtgesehen waren wir am Meer im schönen Ligurien, wo schon einige tausend schneller als wir angelangt waren. Durch doppelt so viele Beine sahen wir einen Zipfel vom Mittelmeer, während der Parkplatz-Carabinieri uns einen Strafzettel verpasste. „Anders toll“, sagte Judith, und ich liebte sie in dem Augenblick sehr dafür.

Als ich nachts in unserem kleinen gemieteten Zimmer wach lag, die Mücken summten, der Hund und die vier anderen Menschen schnarchten, die Hitze des Tages zwischen den Wänden stand, sich alles Mitgebrachte aus dem Auto auf dem Fußboden stapelte, ich Bilder von Waldbränden und Skorpionen aus dem Kopf vertrieb, stand ich auf und ging auf die strohüberdachte Terrasse unserer Unterkunft, einer verwinkelten Hütte im Hinterland der Küste, von der sich über zwei Bergkämme hinweg das Meer erkennen ließ. 

Das Wesen der Ferien besteht darin, die eigenen vier Wände, die man sich im Laufe seines Leben behaglichst eingerichtet hat, zu verlassen, auf Entdeckungsfahrt zu gehen, den Marco Polo in sich zu spüren, den Nomaden, dessen Heimat das ewige Firmament hoch oben ist. Es sind stets die Reisenden, die das Neue mitgebracht haben, das scharfe Gewürz, Nachrichten über gestürzte Königinnen, Prophezeiungen von Glück und Untergang, Krätze, Corona und die Kartoffelpflanze. Und was ist schon ein Zimmer voller Mücken gegen eine Kartoffel. Die einen hinterlassen juckende Pickel, die andern lassen sich zu Kroketten, Fritten oder Püree verarbeiten. Ofenkartoffel findet Judith ein bisschen besser.

Es ist dann ein anders toller Urlaub geworden. Mitgebracht haben wir unsere Erinnerungen. Wahrscheinlich werden wir noch unseren Urenkeln davon berichten: von der verwinkelten Hütte hinter den beiden Bergkämen am Meer, wo wir so schön nomadisiert haben. Den Rest haben wir bis dahin sicher vergessen.