mach mal Pause

Luise ist jetzt Pausenengel. Das sind keine Engel, die Pause machen, sondern umgekehrt: In der Pause sind sie Engel. Luise ist neun und Judiths Tochter, und sie hat uns erklärt, dass allein in ihrer Klasse 15 Pausenengel rekrutiert wurden. Es muss eine himmlische Schule sein, dachten wir und brachten sie gern an diesem Morgen dahin.

Pausenengel werden dringend gebraucht. In Berlin zum Beispiel, wo gerade 300 Verhandler in 22 Arbeitsgruppen Schweiß und Tränen vergießen, um einen Koalitionsvertrag zu schmieden. Das ist rekordverdächtig. Das Neue Testament wurde im Wesentlichen von vier Männern verfasst und hält schon mehr als 2000 Jahre. Das Grundgesetz schrieben 65 Männer und Frauen, es hat schon seit mehr als 70 Jahren Bestand. An dem Vierjahresvertrag von Berlin feilten nun in 22 Arbeitsgruppen 300 Männer und Frauen und wahrscheinlich auch Diverse. Uns steht es nicht zu, deren Ergebnis vor dem Ergebnis zu kritisieren. Aber das Verfahren legt nahe, dass die 300 in ihren 22 Gruppen einen Pausenengel gut hätten brauchen können. Einen, der wie Luise ordnend eingreift, wenn sich alle raufen, der Halleluja flötet und Frieden stiftet und jene Gewissheit verbreitet, die schon Ovid kannte: Was ohne Pause entsteht, ist nicht von Dauer.

So einen Pausenengel hätten wir auch in der herangerauschten vierten Welle verdient, denn wo diese Engel sind, da gibt es eben auch Pausen, und so eine Pause von Corona wäre schön gewesen. Hat nicht geklappt. Omnia mutantur, alles wird sich verändern, sagt Ovid. Irgendwas ist immer los, sagen wir, und sei es, dass der Kehrichteimer geleert werden muss. Judith und ich suchen deswegen neben einem Pausenengel für zu Hause auch einen Kehrichtengel, einen Spätzlekochengel und ein bisschen besser wäre auch ein Geschirrspülengel, weil die Maschine schon wieder kaputt ist. Wir haben das Luise angetragen, aber die hat gesagt, dass sie mit der Pause völlig ausgelastet sei.