Rummel um Rommel

Bei unserem vorschriftsmäßigen Urlaub in Deutschland sind wir auf dem Rückweg durch Heidenheim an der Brenz gereist, von wo Judith herkommt, und wo oben rechts am Ortsausgang ein Denkmal für Erwin Rommel steht. Der Kriegsheld ist gebürtiger Heidenheimer, das Verhältnis der eingeborenen Bevölkerungsgruppen zu ihm war lange Zeit weitgehend ungebrochen. Erst jüngst setzte ein Rummel um Rommel ein, der zu dem Ergebnis führte, dass die Skulptur eines einbeinigen Minenopfers nun Rommels Gedenkstein beschattet. „A verschiddeds Wassr kannsch nemme uffheba“, meint Judith, die zu Hause gern so spricht, wie zu Hause gesprochen wird, und in diesem Fall meint, dass so ein Rommel-Denkmal, wenn es denn mal steht, einfach nicht zu retten ist.

Das Denkmal hat uns dann noch viele Abende beschäftigt. Was tut man am besten, wenn herauskommt, dass vermeintliche Helden Schurken waren, ist nur eine von vielen Fragen, die wir uns stellen. Eine andere ist die nach dem Zeitgeist, der aus Schurken wiederum Helden machen kann. Mich beschlich dieses Gefühl jüngst in der Badeanstalt, als ein Schwimmer vor mir mal wieder einen Che Guevara-Kopf auf dem Rücken tätowiert hatte. Ganz dumm ist auch, wenn einst harmlose Begriffe in politische Ungnade fallen. Die Besitzerin der Mohren-Apotheke in Berlin kann davon berichten. Sie hat zum Glück minimalinvasiv aus dem Dilemma gefunden, in dem sie ihren Laden in Möhren-Apotheke umtaufte. 

Die Lösung, keinem Menschen mehr ein Denkmal zu setzen und auch die Benennung von Plätzen nach menschlichen Vorbildern einzustellen, scheint uns auch sehr unschön. Am Ende wohnt unsereiner dann womöglich im Nagetier-Quartier und geht morgens mit dem Hund vom Mausweg über den Eichhörnchenplatz zum Mardersteg.

Ein bisschen besser ist es, sich selbst zu studieren und siehe: Wir haben einige Sommerabende lang Rommels Weg in den Widerstand, Che Guevarras blutigen Kampf und die Verwandlung des Mauren zum Mohren diskutiert. Ärgerliche Denkmäler und dunkle Namen erfüllen ihren Zweck offenbar besser, als die allseits akzeptierten. Und das ist nicht ganz so schlimm. „Älle henn der gleiche Arsch“, tät Judith jetzt sagen, wenn sie nicht gerade auf Motivsuche für diesen Text gehen müsste.