Gretas Reinkarnation

Wir beide gehen durch den Nebel. Wir keuchen den Berg hinauf. „Irgendwie, Oli, ist das endlos hier“, sagt Judith. Endlich stoßen wir durch die Wolken, erleben die Sonne, den Himmel. Wir rasten, schauen, schlürfen klare Luft. Der Kopf entleert den Alltag und füllt sich – ja mit was eigentlich? Egal. Judith, die Fotografin von uns beiden, drückt auf den Auslöser, und das Bild landet auf der Speicherkarte.

Ich glaube, so einer wie Caspar David Friedrich hätte es als Vorlage geliebt. Ich lese nach: Er war vergessen, als 1906 die Jahrhundertausstellung Deutscher Kunst in der Berliner Nationalgalerie eröffnete. 50 Werke des Romantikers seien dort gezeigt worden. Und ein Dreivierteljahrhundert nach ihrem Entstehen trafen sie auf einmal das Lebensgefühl der jungen Berliner. Die Schau wurde ein Publikumsmagnet. Menschen strömten herbei, die sich einer ­Industrie, die sie als übermächtig empfanden, und Bossen, denen sie bloßes Gewinnstreben unterstellten, entziehen und der Natur zuwenden wollten. 

Als wir später das Bild von unserem Ausflug im Tessin betrachten, meint Judith:  „Hat was von diesem Landschaftsmaler.“ Wir kommen beide erst eine Woche später bei Nudeln in der Küche auf seinen Namen: Caspar David Friedrich eben. Ich frage mich, ob die Verunsicherten unserer Zeit, denen vor Digitalisierung der Kopf schwirrt, auch zu Friedrich-Jüngern werden könnten. Oder ist vielleicht der Wunsch nach Nachhaltigkeit und Versöhnung mit der Natur ihre Art der Hektik zu entkommen? Greta Thunberg als Reinkarnation des Romantikers?

Wir glauben, so ist es nicht. Wir glauben, das nachhaltige Umgehen mit diesem Planeten ist keine Flucht in eine bessere Welt und kein Geniestreich von Romantikern. Wir wollen Verantwortung tragen. Für uns. Für die, die nach uns kommen. Für die, die nicht in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen. Dabei sind wir sowieso nicht die, die ihr Auto säubern, aber das Meer verschmutzen. Aber wir wollen auch nicht bei jedem Steak an den Klimawandel denken und wir drehen gern bei Tempo 200 die Hosen noch drei Striche lauter und fahren im Regen. Und eben hat Judith eine Pappschachtel wohin gefeuert, wo  garantiert nicht Altpapier draufstand. Wir sind eben Menschen, und diese Spezies trägt die Widersprüche in sich.

Aber wir mögen das, und wollen es mit Euch teilen. Wir sind keine Dogmatiker, die das Ziel kennen. Sondern wir sind Wanderer, die sich auch mal verlaufen. Die aber wissen, wenn sie stehen bleiben, geht es nirgendwohin. Wenn wir Glück haben, geht es durch den Nebel, durch die Wolken zum Himmel, der blau ist und zur Sonne, die scheint. Wir kommen dabei auf die besten Ideen. Darüber wollen wir in diesem Blog berichten. Nachhaltig mit Text und Bild.