es klemmt

Manchmal klemmt was. Der Schlitten, den ich gestern aus dem Keller holen wollte, klemmte zwischen den Kellerleichen fest, als da sind: Das Bein eines ausrangierten Tisches und die Tüten mit den Sommermöbelsitzkissen. Meine neuen Winterstiefel sind so hoch, dass der Fuß beim An- und Ausziehen klemmt. Und das Jahr 2021 klemmt auch noch im Geburtskanal. Vielleicht sind die Haare schon zu sehen, aber kein Mensch weiß, was danach zum Vorschein kommt.

Schlitten und Stiefel habe ich in den Griff bekommen, und wir sind dann losgefahren, um mit den Kindern rodeln zu gehen. Weil ein paar tausend andere die gleiche Idee hatten, klemmte es schon auf der Straße dahin, und ich musste wieder an dieses Jahr denken. Was wird daraus?

Die sanften Hügel, die wir aus dem Autofenster sehen, sind grau wie der Himmel darüber. Es ist erst mittags, aber das Licht reicht höchstens noch für vier Stunden. Ich freue mich auf den Sommer, der sicher kommt, und die Schatten kürzer machen wird. Judith sitzt am Steuer und die beiden Mädchen auf der Rückbank lauschen in ihre Kopfhörer. Alle zusammen mümmeln wir den Vorrat an Stullen zur Neige, die eigentlich für die Schlittentour gedacht waren. Minuten vergehen, ohne dass wir uns dem Ziel nähren, und das Stimmungsbarometer sinkt, wie das Wasser in der Badewanne, wenn ich den Stöpsel ziehe. 

Gleich wird es kalt. Judith kehrt um. Raus aus dem Stau. Ein paar Minuten von hier beginnt eine Sackgasse, die an einem matschigen Parkplatz endet. Wir lassen die Schlitten im Kofferraum, ziehen die Pudelmütze in die Stirn und spazieren durch die graubraune Landschaft. Auf einer Anhöhe liegt Schnee wie Puderzucker auf Vanillekipferl. Der Hund jagt ein Reh, aber lässt davon ab, als wir ihn rufen. Wir haben einen Kaffeekocher dabei, und das heiße Gebräu wärmt wohlig von innen. Der Tag gelingt.

War umdrehen ein bisschen besser? Der Gedanke an Geisterfahrer führt an diesem Abend dazu, dass es klemmt beim Einschlafen. Geisterfahrer leben gefährlich. Ich schmiege mich an den Körper neben mir und entdecke die Schönheit der Anpassung. Wir Menschen sind Anpassungsakrobaten. Jedenfalls wir vier heute im Auto, und wir zwei heute Nacht. Ich merke, jetzt kann 2021 beginnen.