Danke Özdemir. Wenn dieses Schaf hinter der Theke landet, wissen wir, woher es kommt.

„Du Judith“, sagte ich wohlgelaunt zu meiner Frau, als wir einen Einkaufsbummel machen, „guck mal jetzt hat auch das Fleisch an der Theke so ein Schildchen, wo draufsteht, wo es herkommt.“ Sie nickt, während sie das gemischte Hack kauft – das Schwein kommt aus Polen, das Rind aus Frankreich, geschlachtet wurde es um die Ecke bei Tönnies, nehme ich an, und durch den Wolf gedreht hat es jetzt unser Rewe. Strahlend fragt sie die Fleischereifachverkäuferin, wo sie denn herkomme. Will man ja schließlich wissen, wenn man schon alles übers Gehackte erfährt. Meine Anregung, dass es noch ein bisschen besser wäre, auf das Namensschild der Verkäuferin „Sylvia Schulze, Bottrop“ zu schreiben, unterdrücke ich.

Zu Hause knallt Judith – zack – ein Ei ins Fleisch. Es ist eines aus Freilandhaltung, wo das männliche Küken nicht geschreddert wurde, jedenfalls nicht in Deutschland, sondern wahrscheinlich in Rumänien, was man allerdings nicht herausschmeckt. Dafür ist es eine dieser Packungen, in der an einem Ei noch ein Federchen klebt, und Judith und ich diskutieren über den Eier-in-den-Eierkarton-Verpackungsfachangestellten, der den Auftrag hat, überall so ein Federchen reinzulegen, damit es ganz natürlich aussieht. Hat er eine Vier-Tage-Woche? Ich meine, das gehörte schon als Vermerk auf die Verpackung. Es geht ja nicht zuletzt um soziale Gerechtigkeit nicht nur bei männlichen Küken. Dann kommt noch ein Feta rein, der zwar griechisch klingt, aber in Wahrheit ein Kuhmilchkäse vielleicht auch aus Bottrop ist, bis zum Feta nämlich reicht die Transparenzoffensive, auf die unsere Bundesregierung derzeit ihre ganze Kraft verwendet, noch nicht. Nach 30 Minuten ist unser Bifteki aus Düsseldorf trotzdem fertig, und Judith und ich spielen weiter Transparenzoffensive.

Das macht total Spaß. Wir entdecken, dass unser Apfelsaft vegan ist, wobei ich mich frage, was wohl passieren muss, damit Apfelsaft Fleisch enthält. „Fruchtfleisch“ kichert Judith und wir werden albern. Auf dem Saft steht auch, dass der „Nutri-Score“ ein „C“ verdient. Auf der Homepage von Ernährungsminister Cem Özdemir, so einer Bohenstange aus Schwaben, erfahre ich, dass 47 Prozent der Frauen und 62 Prozent der männlichen Deutschen zu dick sind, was der Grund für die Nutri-Score-Vorschrift ist, und dass „C“ so etwas bedeutet, wie nicht zu viel und nicht zu wenig Zucker. Kannste also trinken oder kannste lassen. Als ich vorlese, dass die Apfelsaft-Verpackung von sich behauptet, die „gute Waldnutzung“ zu fördern, verbreitet sich eine erotische Atmosphäre, weil ich Judith davon berichte, wie ich gerne mit ihr den Wald nutzen und sie sie hinter die Fichte führen würde. „Da warten wir aber bis zum Frühling“, sagt sie leichthin, was zwar noch hin, aber nicht so schlimm ist, denn dann haben wir die Jacken abgestreift, und es ist dank unserer persönlichen Transparenzoffensive ein ganz angenehmer Abend geworden.